Führungskräfte in kleinen und mittelständischen Unternehmen wünschen sich oft, über den Tellerrand zu schauen und in anderen benachbarten KMU einen Einblick zu erhalten. Im PAL-Projekt ist das gegenseitige Kennenlernen möglich, weil es gemeinsame Interessen gibt: die Digitalisierung zu meistern und Inspirationen für die eigene technische Weiterentwicklung des Unternehmens zu gewinnen.
Markus Garlich von caleg Schrank und Gehäusebau GmbH und Steffen Siebert von HQM Tubes GmbH berichten im folgenden Interview von ihrem Erfahrungsaustausch und vom PAL-Projektalltag.

Markus Garlich, Leiter Technik, caleg Schrank und Gehäusebau GmbH, Calau

Markus Garlich, Leiter Technik, caleg Schrank und Gehäusebau GmbH, Calau

Steffen Siebert, Abteilung Forschung und Entwicklung bei der HQM Tubes GmbH, Massen-Niederlausitz

Sehr geehrter Herr Garlich und sehr geehrter Herr Siebert, vor Kurzem haben Sie sich getroffen, um Einblicke in ein anderes Unternehmen zu erhalten. Haben Sie sich erst durch PAL kennengelernt?

Markus Garlich: Ja, so ist es, Steffen Siebert habe ich tatsächlich erst durch das Projekt PAL kennengelernt. Das erste Mal habe ich ihn beim PAL-Auftakttreffen in Bischofswerda, Anfang Juli 2022, gesehen. Beim ersten PAL-Unternehmensworkshop Brandenburg, Mitte November 2022, und beim PAL-Meilensteintreffen in Cottbus, Ende Mai 2023, sind wir dann länger miteinander ins Gespräch gekommen.

Steffen Siebert: Das kann ich bestätigen. Während wir in Bischofswerda zunächst nur unsere Kontaktdaten ausgetauscht hatten, haben wir uns bei den anderen zwei PAL-Veranstaltungen intensiver miteinander unterhalten.

Was hat Sie motiviert, auf HQM bzw. auf die caleg zuzugehen?

Steffen Siebert: Mich hat der PAL-Projektinhalt von SPP 3, die Umsetzung und das geplante Vorhaben bei der caleg interessiert: wie Robotik im Schaltschrankbau eingesetzt werden kann. Den Fachaustausch mit Markus Garlich und den Projektinhalt empfinde ich als wichtig und wertvoll ‒ sowohl für unseren HQM-Standort in Massen als auch für den in Tröbitz, wo beim Schweißen bereits Robotik eingesetzt wird. Außerdem verbindet Markus Garlich und mich die Haltung „zettellose Produktion“. Ferner hat mich die Größe des Unternehmens „caleg“ interessiert. Beide Betriebe sind in dieser Hinsicht ähnlich, bspw. in der Lausitz verortet und weitere Standorte deutschlandweit.

Markus Garlich: Schaut man sich die Produktpalette der caleg und von HQM an, so stellt man fest, dass die beiden Unternehmen recht unterschiedlich sind: Während wir, die caleg, Produkte in relativ geringen Stückzahlen herstellt, die darüber hinaus in den meisten Fällen Anfertigungen auf Kundenwunsch sind, produziert HQM Bremsdruckleitungen in kurzer Zeit und in sehr, sehr hohen Stückzahlen, die kontinuierlich an einzelne Kunden gehen.Diese „Verschiedenartigkeit“ bzw. Unterschiedlichkeit der beiden Unternehmen wie auch die Herstellung von völlig anderen Produkte haben mich interessiert, auf HQM zuzugehen. Außerdem war ich neugierig zu erfahren, wie HQM bei der Verarbeitung der jeweiligen Materialien, im Speziellen das „Materialhandling“, und bei Digitalisierungsstrategien vorgeht.

Wann haben Sie sich bei der caleg bzw. bei HQM getroffen?

Markus Garlich: Steffen Siebert und sein Kollege, Florian Kühne, besuchten uns in Calau am 24. Mai 2023.

Steffen Siebert: Am 7. Juli 2023 erfolgte dann der Besuch von Markus Garlich, Ronald Kasper und Uwe Weinack bei uns in Massen.

Wie ist Ihre Einschätzung zu PAL in Ihrem Unternehmen?

Markus Garlich: Ich persönlich bin froh, dass es das Projekt PAL gibt: Das Netzwerk, welches sich aus Hochschulen, Unternehmen und anderen Netzwerkpartner:innen zusammensetzt, ermöglicht Raum für Anwendung, Forschung und Austausch. Gerade die äußerst konstruktive Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen HSMW, ICM, Wandelbots und der caleg ermöglicht es uns, an neuesten Entwicklungen und Empfehlungen zu partizipieren. Gerade in den Bereichen „cobotbasiertes Schweißen“, „automatisierte Bauteileentgratung“ und „praxistaugliche Maschinenhersteller“ ist diese Kooperation von großem Vorteil, da sie mir wertvolle Zeit gibt, die ich andernfalls durch eine langwierige Recherche zu diesen Themen oder etwas zu einzelnen Maschinen verlieren würde. Dass ich mich mit anderen Unternehmen über KI, Digitalisierungsgrad und den Strukturwandel in der Lausitz austauschen kann, werte ich zudem als ein großes Plus für PAL.

Steffen Siebert: Ich sehe das ähnlich: PAL schafft Synergien zwischen Unternehmen und zwischen Hochschulen ‒ in alle Richtungen. Hervorzuheben ist, dass in PAL mehr als 30 Unternehmen übergreifend dazu eingeladen sind, bei den großen, aktuellen Themen „KI“ und „Digitalisierung“ miteinander in Kontakt zu stehen und „über den Tellerrand“ zu schauen: Diese „Digitalisierungsthemen“ werden im Kompetenzzentrum PAL nicht nur in der bzw. für die Theorie bearbeitet, sondern auch für die Praxis, für die Produktion, für die Industrie umgesetzt.

Welche Einblicke in die Arbeit des jeweiligen Unternehmens und von PAL konnten Sie erhalten?

Steffen Siebert: Durch den Vor-Ort-Termin bei der caleg war es mir möglich, sich über Erfahrungen, Partner, Dienstleister und entsprechende Empfehlungen, bspw. beim Thema „Sonderbaumaschinen“ ‒ innerhalb und außerhalb von PAL ‒mit einem Kollegen eines anderen Unternehmens 1:1 auszutauschen. Daneben konnten wir bei unseren Besuchen über die Ansprechpartner:innen der jeweiligen Hochschulen sprechen: Während wir von HQM eine optimale Unterstützung von der TU Dresden in SPP 8 erhalten, hier möchte ich v. a. Dr. Martin Hahmann, Gritt Ott und Daniel Gröllich danken, wird die caleg in SPP 3 von der HSMW, vom ICM und von der Wandelbots GmbH unterstützt. Hierbei interessierten mich v. a. die einzelnen Zeithorizonte, also welche Erwartungen die caleg an PAL und SPP 3 hat, wie die Umsetzung in Calau verläuft und wie die Realität in einem PAL-Partnerunternehmen aussieht.

Markus Garlich: Interessant ist, dass sich die caleg in „Schwerpunktprojekt 3“ [„Intuitives, nutzerzentriertes Roboter-Teaching in differierenden Systemen der Fertigung unter FTS-Einbindung und Applikation sensorischer Daten“] und HQM in „Schwerpunktprojekt 8“ [„Implementationsstrategie für eine nutzerorientierte KI-Einführung“] befinden, also in zwei unterschiedlichen „Forschungsdisziplinen“ von PAL. Zunächst wollte ich mir einen ersten Eindruck verschaffen, wie weit der technische Stand beim von mir besuchten Unternehmen ist. Außerdem wollte ich wissen, in welcher Form die HQM Tubes GmbH die Themen „Industrieroboter“, sogenannte „Cobots“, und das „Materialhandling“ angeht. Beim Besuch der HQM Tubes GmbH erkannte ich schnell, dass sich das Unternehmen auf einem vergleichbaren technischen Stand befindet wie die caleg. Die Begeisterung der Mitarbeitenden für die verarbeiteten Materialien, für die Werkstoffe, ist in diesem Betrieb sehr hoch, weshalb dort  auch auf eine hohe Qualität des Produkts geachtet wird. Digitalisierung, Technik/Technisierung und Produktion wirken dort zusammen ‒ anders kann das auch nicht gehen, da die Produktion 24/7 läuft.

Wie ist Ihre Einschätzung zu PAL in dem Unternehmen, das Sie besucht haben?

Steffen Siebert: Die caleg ist ein Unternehmen, das zielstrebig ist und weiß, was es will. Die Mitarbeiter der caleg haben die Vision, die in Gang gebrachten Digitalisierungsstrategien fortzuführen ‒ auch nach PAL.

Markus Garlich: Die Chance, durch PAL andere KMU und KKMU kennenzulernen, im Speziellen HQM, zeigt mir, dass sich die caleg bei den Themen „Produktionsweise“, „Technisierung“ und „Digitalisierungsgrad“ auf der Höhe der Zeit befindet.

Wie wird sich die Kooperation mit PAL bis Projektende gestalten?

Steffen Siebert: Ich wünsche mir von PAL, dass es uns bis zum Projektende (und vielleicht darüber hinaus) in der gewohnten Kompetenz und Qualität unterstützt: Wir wollen ein zettelloses Unternehmen zu werden ‒ in der Buchhaltung, in der Produktion und im Vertrieb, weshalb wir beim technischen Support Hilfe benötigen. Dass PAL auch Mitarbeiter unseres Unternehmens bei der Entwicklung und Realisierung von Lösungen mit einbezieht, ist sehr positiv. Außerdem arbeitet bei uns ein Studierender der TU Dresden mit, der dadurch sowohl uns in SPP 8 als auch die Forschung der Hochschule unterstützt.

Markus Garlich: Die HSMW garantiert eine optimale Betreuung und ein solides Know-how im Projekt PAL, was ich an der Bereitstellung der Schweißdemonstratoren und den Messmethoden der Hochschule festmache. Die Partner:innen, die uns zur Seite stehen, zeigen meinem Unternehmen und mir selbst, welche Möglichkeiten es bei der Automatisierung gibt. Ich hoffe, dass wir in ein, zwei Jahren mit den Schweißrobotern in unserer Produktion loslegen und perspektivisch mit unseren PAL-Partner:innen in Kontakt bleiben können. Positiv an SPP 3 ist, dass wir als caleg an HSMW, ICM und Wandelbots herantreten und jederzeit Anpassungen vornehmen können, d. h. welche Themen wir untersuchen möchten. Somit können wir das bearbeiten, was in der bzw. für die Praxis relevant ist.

Welche Impulse, Verbesserungsvorschläge und Wünsche haben Sie für PAL?

Markus Garlich: PAL ermöglicht es der caleg und mir, mit anderen KMU und KKMU der Region Lausitz in Kontakt zu treten. Die Frequenz der Treffen und PAL-Infos empfinde ich als optimal. Wenn ich über PAL frei bestimmen könnte, würde ich mir als Unternehmen mehr Finanzmittel bzw. eine mindestens 20-prozentige Förderung für die Anschaffung von Maschinen im Rahmen des Projektes wünschen. Dann hätten wir im Unternehmen bzgl. Entwicklung, Erprobung und Einsatz von hierfür relevanten Maschinen mehr Handlungsspielraum.

Steffen Siebert: Während die caleg in ihrem SPP die gewünschte Technik in einem vermutlich ganz anderen Fördervolumen als HQM benötigt, erfolgt bei uns deren überschaubare Anschaffung glücklicherweise ohne ein Hoffen auf Drittmittel. Sehr gerne würde ich es sehen, dass in PAL der Austausch mit weiteren Partner:innen, bspw. zur Akquise von Arbeitskräften, ausgebaut wird. Weitere Verbesserungsvorschläge oder Impulse für PAL habe ich im Moment nicht, da sich HQM im Projekt gut betreut, optimal unterstützt fühlt. Sogar bei formalen Dingen erhalten wir oftmals Hilfe aus Dresden, wofür ich dankbar bin. Kurze Kommunikationswege in PAL machen Vieles leichter. Vielleicht wünscht sich PAL von uns mehr Verbesserung? Manchmal müssen wir als Unternehmen unsere PAL-Partner bremsen, was unser Tagesgeschäft anbelangt. Ab und an kam es von unserer Seite zu Terminabsagen. Die Termine konnten allerdings jedes Mal nachgeholt werden.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Markus Garlich: Sehr gerne. Auf Wiedersehen!

Steffen Siebert: Gern. Bis bald!

Das Interview wurde telefonisch geführt, am 18.09.2023 mit Markus Garlich (caleg Schrank und Gehäusebau GmbH, Calau) und am 20.09. mit Steffen Siebert (HQM Tubes GmbH, Massen-Niederlausitz).

Der Autor bedankt sich bei seinen Interviewpartnern recht herzlich für ihre Mitwirkung.

Autoren / Autorinnen

  • Projektmitarbeiter beim GVFB e. V. Elsterwerda; Transfer und Öffentlichkeitsarbeit im PAL-Projekt

  • Leiter Technik bei caleg Schrank und Gehäusebau GmbH, Calau; im PAL-Projekt ist er im SPP 3 für die caleg group aktiv

  • Abteilung Forschung und Entwicklung bei der HQM Tubes GmbH, Massen-Niederlausitz; im PAL-Projekt ist er im SPP 8 für HQM aktiv

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