Im Laufe der letzten Jahre sind die Verfügbarkeit, die Menge und das Potenzial nützlicher fertigungsbezogener Daten aufgrund der aufkommenden Technologien in den Bereichen Sensorintegration und Sensorkonnektivität, die sich parallel zu den ständig wachsenden technischen Möglichkeiten und dem Fortschreiten von Industrie 4.0, Industrial Internet of Things (IIoT) und Cyberphysical Production Systems (CPPS) entwickelt haben, massiv gestiegen. Diese Technologien erhöhen die Überwachungs- und Vernetzungsmöglichkeiten entlang von Produktionsprozessen und ermöglichen die massive Sammlung von Echtzeitdaten über Prozessressourcen.

Der zunehmende Output an fertigungsbezogenen Daten wird jedoch oft nicht in vollem Umfang genutzt. Bei der Prozessinbetriebnahme verlassen sich Anwender unter Druck von Fristen und verschiedenen Zwängen immer noch auf traditionelle Verfahren und Erfahrungswissen und die Vernetzung der Dateninfrastruktur wird auf zukünftige Zeitpunkte verschoben.

Process Mining-Techniken nutzen digitale Ereignisdaten aus Geschäftsprozessen, um tatsächliche Aktivitäten von Menschen, Maschinen und betrieblichen Organisationseinheiten zu erkennen, Abläufe zu rekonstruieren und visuell darzustellen. Es entsteht ein Datenabbild der real ablaufenden Prozesse im Unternehmen. Dabei werden neue Erkenntnisse geliefert: Tatsächliche Ausführungspfade von Betriebsprozessen werden sichtbar, Soll-Ist-Vergleiche zwischen Prozessbeschreibung und dem Datenabbild des realen Prozesses sind möglich und können zur Diagnose und Behebung von Effizienz- und Qualitätsproblemen genutzt werden.

Input für Process Mining bilden stets reale Ereignisdaten, die einen Prozess aus einer spezifischen Perspektive betrachten. Jedes Ereignis im Protokoll enthält mindestens

  • eine eindeutige Kennung für eine bestimmte Instanz (ID),
  • eine Aktivität, und
  • einen Zeitstempel.

Zusätzlich können Daten weitere Attribute enthalten, die sich auf Ressourcen, Kosten usw. beziehen. Grundsätzlich können aus jedem Informationssystem relevante Daten extrahiert werden. Beim Process Mining werden Ereignisdaten verwendet, um eine Vielzahl von prozessbezogenen Fragen zu beantworten, die drei im Wesentlichen drei Kategorien zuzuordnen sind:

  • datenbasierte Visualisierung eines Prozesses (Process Discovery),
  • Prüfung der Einhaltung vorgegebener Arbeitsabläufe (Conformance Checking) und
  • Analyse des Prozessmodells nach Optimierungsmöglichkeiten (Process Enhancement).

 

Ganzheitlicher Ansatz zur Nutzung datengetriebener Methoden für die Optimierung betrieblicher Prozesse

Abbildung 1: Ganzheitlicher Ansatz zur Nutzung datengetriebener Methoden für die Optimierung betrieblicher Prozesse

Die Professur für Werkzeugmaschinenentwicklung und adaptive Steuerungen (LWM) an der TU Dresden untersucht die Anwendbarkeit ganzheitlicher Methodiken, wie beispielsweise Data mining methodology for engineering applications (DMME) (Huber,2019), für datengetriebene Anwendungen in Forschungsprojekten, typischerweise in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen. Da Künstliche Intelligenz eine immer wichtigere Technologie in jeder Art von Berechnung, Datenverarbeitung und Mensch-Maschine-Interaktion wird, erarbeitet TUD neue Techniken im Hinblick auf die Nutzbarkeit von KI durch Entwicklung des innovativen Usability-AI–Paradigmas (UAI) (Wiemer, 2023). Dies spiegelt sich sowohl im wissenschaftlichen Konzept als auch in praktischer Anwendung bei der Analyse von Daten in Produktionsprozessen wider.

Abbildung 1 illustriert die Komplexität ganzheitlicher datengetriebener Methoden.

Das LWM kann Anwender von Daten mit seinen Kompetenzen in den Bereichen Engineering und Data Science dabei unterstützen, die erforderliche Brücke zwischen Engineering-Domains und Data Analytics zu formieren. Dies geschieht beispielsweise durch Modellieren technologischer Prozessketten zur Überführung von Problemen aus der Produktion in einen Use Case der Data-Science (Abbildung 2). Typischerweise erfolgt dieser Analyseprozess in Form von Interviews mit Domänenexperten, in denen die Überschneidungen der Perspektiven von Anwendungs- bzw. Produktionsdomäne (Ableiten einer Technological Process Chain, grau) mit dem Datenmanagement (Entwickeln des Data Management Planes, blau) und der Datenanalyse (Anwendung des breiten Spektrums der Data Analytics, grün) identifiziert werden.

Abbildung 2 Überführung von Problemen aus der Produktion in einen Use Case der Data-Science

Abbildung 2 Überführung von Problemen aus der Produktion in einen Use Case der Data-Science

Huber, 2019:      Huber, Steffen, et al. „DMME: Data mining methodology for engineering applications–a holistic extension to the CRISP-DM model.“ Procedia Cirp 79 (2019): 403-408.

Wiemer, 2023:  Wiemer, Hajo, et al. „Need for UAI–Anatomy of the Paradigm of Usable Artificial Intelligence for Domain-Specific AI Applicability.“ Multimodal Technologies and Interaction 7.3 (2023): 27

Autor / Autorin

  • Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Werkzeugmaschinenentwicklung und adaptive Steuerungen (LWM) an der Technischen Universität Dresden; Betreuung betrieblicher Schwerpunktprojekte im PAL-Projekt

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