Ein adäquater Kontrast zwischen Elementen und Hintergrund, ein bewusster Farbeinsatz, Element- und Zeichengrößen, Farbcodierungen – User Experience und User Interface Designer wissen genau, worauf sie bei der Gestaltung von Benutzeroberflächen achten müssen, damit diese sowohl ästhetisch ansprechend als auch funktional sind.

Warum Themen wie Farbkontraste, Farbpsychologie und visuelle Hierarchie für die Gestaltung (digitaler) Tools wichtig sind, damit beschäftigt sich seit vielen Jahren das Arbeitsgebiet Awip der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus. PD Dr.-Ing. habil. Roberto Kockrow, sein Kollege PD Dr.-Ing. habil Dipl.-Psych. Rico Ganßauge und weitere Mitglieder der Forschungsgruppe forschen hier zum Thema Technikstress, insbesondere im Kontext der Gestaltung von Leitwarten. Entstanden sind hier in der Vergangenheit bereits verschiedenste unterstützende Werkzeuge für Unternehmen, z.B. ein Ergonomie-Leitfaden für die Gestaltung von Leitwarten und Kontrollräumen und vielfältige Erkenntnisse zur ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen, -mitteln und Umgebungsfaktoren. Ein aktuelles Thema für die Forschenden sind Curved Monitore, die immer häufiger zum Einsatz kommen, aber durch die Erweiterung des Sichtfeldes neue Belastungssituationen verursachen.

Fortsetzung der Vision: Die smarte Warte 

Damit arbeitet der Lehrstuhl auch nach der Emeritierung von Prof. Annette Hoppe weiter an ihrer „Vision der smarten Warte“, wie Roberto Kockrow in einem Workshop der PAL-Arbeitsforschungsakademie betonte. Bis dato sei dieses Thema in der Wissenschaft von Wenigen beforscht. Seit 2004 widmet sich das Awip-Team bereits in verschiedensten Industriekooperationen und Praxisprojekten zu diesem Schwerpunkt, mehrere Promotionen oder Habilitationen sind dabei bereits entstanden. Vermittelt werden die Erkenntnisse in verschiedenen Vorlesungsreihen an der BTU Cottbus-Senftenberg, die für Studierende aller Fachrichtungen offen sind.

Viele Berufe, so Kockrow, haben sich aufgrund der zunehmenden Digitalisierung in der Vergangenheit verändert. „Während wir früher eine klassische Unterteilung in sogenannte blue und white collar Jobs hatten, also Tätigkeiten im gewerblich-technischen oder kaufmännisch-strategischen Bereich, sehen wir immer mehr ‚new color‘ Berufe.“ Beispielsweise, so führt er aus, gibt es Ideen, dass LKW-Fahrer künftig ihre teilautonom fahrenden Fahrzeuge steuern, während sie parallel mit dem Tablet in der Hand zusätzliche Aufgaben bearbeiten. „Sie würden dann also mit verschiedenster Technik interagieren, während sie gleichzeitig trotz aller Assistenzsysteme die Verantwortung haben, auf den Verkehr zu achten.“ Das könnte schnell zu einer mentalen Überforderung, Ermüdung oder auch Stress führen.

„Wenn ein Tool viele Funktionen bieten soll, muss man darauf achten, dass die Bedienbarkeit berücksichtigt wird, sonst entstehen unnötige Belastungen“, erläuterte Roberto Kockrow im Workshop. Diese neuen Belastungsmuster und resultierende Beanspruchungsformen werden durch die Arbeitsforschung entsprechend untersucht mit dem Ziel, sie sichtbar zu machen und dafür zu sorgen, dass sie zukünftig berücksichtigt werden. Zwei Aspekte sollten dabei immer im Fokus stehen: eine nutzergerechte Funktionalität und eine Reduktion der Komplexität, wo immer es möglich ist (vgl. Hoppe 2009).

Inklusives Design: Wie man Technikstress bei Rot-Grün-Schwäche vermeidet

Auch das Thema Neurodiversität spielt in diesem Kontext eine wichtige Rolle, dahingehend, dass die Vielfalt der menschlichen Wahrnehmung und möglicher Einschränkungen berücksichtigt werden sollte. Als Beispiel nennt Kockrow eines, das mit neun Prozent fast jeden zehnten Mann betrifft (bei Frauen sind es nur 0,8 Prozent): die Rot-Grün-Schwäche. Damit Menschen mit dieser Seheinschränkung visuelle Informationen schnell und eindeutig wahrnehmen können, sei es wichtig, darauf zu achten, dass Farben nicht als alleinige Codierungsform verwendet werden.

Bei allen Aspekten, die die Cottbuser Forschungsgruppe untersucht, steht letztendlich ein Ziel im Mittelpunkt: die Reduktion – oder, wenn möglich Vermeidung – von den Technikstress-Effekten, welche die Gesundheit, Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit von Beschäftigten negativ beeinflussen können.

Sie interessieren sich für mehr Details? Dann wenden Sie sich gern an den Lehrstuhl Arbeitswissenschaft/Arbeitspsychologie – BTU Cottbus-Senftenberg

Literaturempfehlung: Annette Hoppe: Technikstress – Theoretische Grundlagen, Praxisuntersuchungen und Handlungsregularien. Aachen 2009.

Autor / Autorin

  • Leiterin des Fachbereichs HR & Education des Branchen-Netzwerks Silicon Saxony e.V.; Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit im PAL-Projekt

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner