Haben Sie schon einmal eine Datenschutz Folgenabschätzung für ein technisches System durchgeführt? Allein der Begriff klingt nach einer sehr trockenen Übung. Aber es geht auch anders: mit LEGO® Serious Play® und ganz viel Spaß!
In Zusammenarbeit mit dem Unternehmen IMM electronics GmbH entwickelt die Hochschule Mittweida aktuell ein datenbasiertes Assistenzsystem. Es soll die Arbeit der Beschäftigten in der manuellen Montage verbessern, indem es ihnen eine Ergonomie-Unterstützung gibt. Nachdem die für die technologische Entwicklung des Assistenzsystems verantwortliche Forschungsgruppe zunächst eine theoretische Trockenübung gemacht hatte, fand im Unternehmen ein Workshop mit Mitarbeitenden aus der Produktion statt. Der neugierig machende Titel des Workshops: „Datenschutz in Stein gemeißelt: Ein innovativer Workshop mit LEGO® Serious Play®“.
Sowohl diese Ankündigung als auch die verschiedenen LEGO-Sets auf dem vorbereiteten Tisch führten zunächst zu irritierten Blicken und Schulterzucken bei den Mitarbeitenden aus der Produktion, die am Workshop teilnahmen. Workshop-Leiterin Saskia Jeraufke konnte sie dann aber schnell vom Konzept überzeugen.
Zum „Aufwärmen“ wählten zunächst alle Teilnehmenden jeweils ein LEGO-Teil, das vermitteln sollte, in welcher Stimmung oder mit welcher Erwartung sie aktuell da sind. So konnten alle zunächst ein Gefühl dafür entwickeln, wie sie ihre Gedanken unter Zuhilfenahme der Plasteteile vermitteln. In einem zweiten Schritt stellte jede Person anhand von LEGO-Bausteinen ihre eigene Arbeit und Ihren Arbeitsplatz dar. In der anschließenden Kurzvorstellung der kleinen Kunstwerke konnten alle sich und ihre jeweiligen Rollen und Aufgaben besser kennenlernen.
Der Hauptteil des Workshops widmete sich dann der kreativen Erkundung potenzieller Risiken, die das datenbasierte Assistenzsysteme mit sich bringen könnte. Geplant ist eine Kamera-Überwachung der Arbeitsplätze und eine Übertragung der aufgezeichneten Bewegungsabläufe in ein Skelettmodell, das fehlerhafte oder ergonomisch ungünstige Bewegungen erkennt und sofort entsprechende Rückmeldungen über einen kleinen Bildschirm am Arbeitsplatz gibt.
Spannend zu sehen war, wie die zunächst schwierig erscheinende Aufgabe zuerst für Stirnrunzeln und nachdenkliche Blicke sorgte, dann aber doch Stein für Stein verschiedene Szenarien entstanden. Eine Teilnehmerin beschrieb den kreativen Prozess bei der anschließenden Auswertung so: „Mit jedem Baustein kommt ein neuer Gedanke.“ Genau darum geht es laut Saskia Jeraufke bei diesem Workshop-Konzept. Sie sieht mehrere Vorteile dieser Methode: „Diese Herangehensweise fördert kreatives Denken und schafft ein gemeinsames Verständnis komplexer Situationen. Außerdem erhöht es die Beteiligung aller Teilnehmenden und führt zu konkreten Ergebnissen.“ Wichtig aus ihrer Sicht ist es, dass alle Teilnehmenden sich an vorab vereinbarte Regeln halten, zu denen insbesondere gehört, dass alle Ideen gleichermaßen anerkannt werden und die einzelnen kreativen Ergebnisse in ihrer Umsetzung nicht bewertet werden.
Tatsächlich entstanden im Kreativprozess die unterschiedlichsten Szenarien für mögliche Risiken. Nachdem alle Teilnehmenden ihr Risikoszenario der Gruppe vorgestellt hatten, erfolgte eine gemeinsame Einschätzung für jedes der Risiken hinsichtlich Wahrscheinlichkeit und Schweregrad sowie ein erstes Brainstorming zu möglichen Maßnahmen der Risikoreduzierung. Alle Ideen wurden erfasst und in ein Dokument überführt, das im Anschluss im Abgleich mit den zuvor bereits durch die Forschungsgruppe zusammengetragenen Risiken die DSFA für das datenbasierte Assistenzsystem ergänzt. Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine kontinuierliche Dokumentation, d.h. sollte es Hinweise auf weitere mögliche Risiken geben, werden diese ergänzt. Denkbar ist auch, dass diese Form von Workshop wiederholt und dafür genutzt wird, weiteren Mitarbeitenden des Unternehmens das Assistenzsystem, mögliche Risiken und die dagegen geplanten Maßnahmen bekannt zu machen und damit das Wissen und die Akzeptanz unter den Beschäftigten zu fördern.
Datenschutz-Folgenabschätzung – worum geht’s?
Eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) ist eine Risikoeinschätzung, die durchgeführt werden muss, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten geplant ist. Ziel ist es, die Risiken für die Verletzung der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zu bewerten. Vorgegeben wird diese Vorgehensweise durch die DSG-VO.
Im Kompetenzzentrum PerspektiveArbeit Lausitz gehört auch das zu den Aufgaben, die mit der Entwicklung datenbasierter Assistenzsysteme einhergehen. Denn die im Forschungsprojekt entstehenden Produkte sollen anschließend bei den mitwirkenden Unternehmen in der Praxis zum Einsatz kommen.