Am 20. August 2025 öffnete das BASF Kulturhaus Schwarzheide seine Türen für die 3. PAL-Kooperationsbörse. Die Veranstaltung stand ganz im Zeichen der Frage, wie Arbeit in der Lausitz zukunftsfähig gestaltet werden kann – mit einem besonderen Fokus auf KI, Assistenzsysteme und partizipative Methoden.
Impulse aus Wissenschaft und Praxis
An 19 Info-Ständen und im PAL-Bus des Fachkräftenetzwerks Oberlausitz erhielten die Gäste anhand verschiedener Demonstratoren Einblicke in verschiedene PAL-Projekte und Forschungsergebnisse, darunter KI-Assistenzsysteme, Datenbrillen, Wearables, flexible Robotik-Lösungen, Chatbots und Gamification-Ansätze:
- Alexander Dementyev vom Fraunhofer IWU aus Chemnitz präsentierte ein wissensbasiertes Assistenzsystem zur Parametrierung von Produktionsanlagen, das durch KI kontinuierlich dazulernt.
- Tobias Sanders und Simon Fronczek, ATB Arbeit, Technik und Bildung gGmbH, erläuterten, wie die stressfreie Einführung eines Lernmanagementsystems mit dem Anleitungs- und Analysetool Soteka gelingt.
- David Sauer von der Hochschule Zittau/Görlitz stellte einen Methodenkoffer für den produktiven Einsatz von KI-Assistenzsystemen vor, sein Kollege Kazimierz Adam Przybysz Erfolgsfaktoren für die Einführung von KI-gestützten Chatbots im Unternehmenskontext.
- Max Gräßler von der Westsächsischen Hochschule Zwickau erklärte, wie Wearables zur Beanspruchungsmessung und Exoskelette Mitarbeitende gezielt unterstützen können.
- Ing. Katharina Müller-Eppendorfer und Sarah Gruß von der Hochschule Mittweida zeigten an ihrem Stand, wie ein datenbasiertes Assistenzsystem menschzentriert und mithilfe kreativer Methode eingeführt werden kann. Besonders spannend: ein Workshop mit LEGO® Serious Play® zur Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA), der sensible Themen wie Überwachung und Kontrolle greifbar macht und auch in einem Panel zum Veranstaltungsbeginn vorgestellt wurde.
Interaktives Panel: Beteiligung als Schlüssel zum Erfolg
Ein Highlight der Veranstaltung war das interaktive Panel, das den Dialog zwischen PAL-Mitwirkenden und den Gästen aus der Lausitzer Unternehmenslandschaft förderte. Gleich zu Beginn und noch einmal am Ende kamen die Zuhörenden mithilfe von LEGO® Serious Play® direkt miteinander ins Gespräch. Das Panel drehte sich vor allem um die Frage, welche Vorteile ein partizipatives Vorgehen bei der Entwicklung von Assistenzsystemen hat und welche Methoden sich besonders eignen, um emotionale und praktische Hürden zu verringern.
Sarah Gruß von der Hochschule Mittweida berichtete aus dem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der IMM Electronics GmbH von einem Anti-Brainstorming zur Gestaltung des Front-Ends eines Ergonomie-Assistenzsystems. Spannend sei bei dieser Methode vor allem gewesen, dass es den Mitarbeitenden leichtgefallen sei, zu formulieren, was sie keinesfalls bräuchten. Daraus wiederum konnte der Software-Entwickler konkret ableiten, welche Veränderungen er vornehmen musste, um das Front-End nutzerfreundlicher zu gestalten.
Sie berichtete auch von einem Workshop zur Risiko-Analyse im Rahmen einer Datenschutz-Folgenabschätzung mit LEGO® Serious Play®. Diese Kreativmethode ermöglichte es, das sonst eher trockene Thema für die Mitarbeitenden leicht zugänglich zu machen: „LEGO® Serious Play® war für uns genau das richtige Format, um herauszufinden, welche Ängste und Vorbehalte es gegenüber einem Ergonomie-Assistenzsystem mit Kameras gibt – und zwar auf einer ganz anderen Ebene als in klassischen Gesprächen.“
Diego Alex, Head of IT Management bei der voestalpine Wire Germany GmbH in Finsterwalde, betonte:
„Generell kann man sagen, dass IT-Projekte durch Partizipation erfolgreicher verlaufen. Die Akzeptanz eines neu eingeführten IT-Systems ist höher, weil schon die ersten Berührungsängste abgebaut sind. Die Software ist bekannt, die Qualität ist ausgereifter, da Funktionalitäten bereits während der Entwicklung getestet wurden und das Feedback eingeflossen ist. Es gibt weniger unbekannte Fehler.“
Offenheit für Widerspruch zeigen
Diskutiert wurde im Panel auch über die Frage, wie man mit Widersprüchen umgehen kann, wenn verschiedene Beteiligte unterschiedliche Ansichten vertreten. Dazu Diego Alex: „Widersprüchliche Anforderungen findet man tatsächlich in vielen IT-Projekten. Es hilft dann, diese einzuordnen und zu schauen, ob der ‚scheinbare‘ Widerspruch aus dem Arbeitsprozess herrührt oder ob es manchmal die persönliche Wahrnehmung eines Mitarbeitenden ist. Dann lassen sich die Widersprüche durch aufklärende Gespräche beseitigen.“ Darüber hinaus ließen sich Anforderungen auch klar priorisieren und die Anforderungen nach Priorität abarbeiten. Die Herausforderung sei, Feedback qualitativ zu bewerten. „Ich habe es als sehr positiv erfahren, wenn das Nutzerfeedback nicht direkt zum Entwickler geht, sondern noch einmal z.B. durch die IT-Projektleitung aufbereitet wird. Hier lautet das Stichwort Agilität.“
Gritt Ott vom CIMTT Zentrum für Produktionstechnik und Organisation an der TU Dresden teilte ihre Beobachtung, dass Mitarbeitende, die sich aktiv in solche Prozesse einbringen, zu einer Verbesserung der Datenqualität beitragen, da sie diese im Detail einschätzen und Abweichungen kritisch bewerten können. Auch Steffen Siebert, Fertigungsleiter bei der HQM Tubes GmbH, Massen-Niederlausitz, der mit ihr in PAL zusammenarbeitet, bestätigte die Vorteile einer aktiven Einbindung der später die Anwendung nutzenden Kolleginnen und Kollegen.
Zum Abschluss des Panels waren die Gäste eingeladen, selbst aktiv zu werden: Anhand eines individuell ausgewählten LEGO-Teils erzählten sie ihren Sitznachbarn von eigenen Erfahrungen mit Digitalisierungsprojekten – ob gelungen durch frühe Beteiligung oder problematisch durch fehlende Partizipation. Diese persönliche Ebene förderte den Austausch und bereitete den Weg für die nachfolgenden vertiefenden Gespräche an den Ständen.
Vielfältige Demonstratoren und Mitmachangebote
Die Ausstellung bot praxisnahe Einblicke in aktuelle Entwicklungen:
- Der PAL-Ausstellungsbus zeigte Erkenntnisse aus der Arbeitsforschung.
- Wie automatisiertes Schweißen Kleinserien wirtschaftlich und bedienfreundlich für KMU möglich macht zeigte die Hochschule Mittweida
- SCANO und Dashboards (TU Dresden) verbessern die Datenanalyse für Produktionsplanung und Entscheidungsfindung
- Die TU Dresden zeigte ebenfalls, wie KI-Sprachmodelle ohne Cloud betriebliches Wissen sicher managen können und man bei der Verwendung von Augmented Reality den Überblick behält
- Die BTU Cottbus-Senftenberg zeigte, wie durch Apps digitale Assistenzsysteme nachhaltig in Teams verankert werden können.
- AR- und VR-Anwendungen (TELETEK GmbH) eröffnen neue Wege der Kundenbindung und Weiterbildung.
- die Fachkräfte-Schatztruhe (Silicon Saxony e.V.) präsentierte verschiedene Angebote, um MINT-Fachkräfte für die Lausitz zu finden, zuhalten und zu entwickeln. (PAL-Broschüre Fachkräfte)
Fazit: Mach mit, mach’s nach, mach’s innovativer…!
Die Veranstaltung machte deutlich: Die Zukunft der Arbeit in der Lausitz ist digital, partizipativ und menschzentriert. Mit innovativen Methoden, praxisnahen Lösungen und einem offenen Dialog zwischen Forschung und Wirtschaft wurde ein starkes Zeichen für die Gestaltung der Arbeit von morgen gesetzt. Viele Gäste fragten an den Ständen explizit zu Nachnutzungsmöglichkeiten präsentierter Lösungen in ihren Unternehmen. Ein Geschäftsführer eines Lausitzer Unternehmens bedankte sich mit den Worten: „Die Veranstaltung ist genau auf den Punkt. Das Thema ist genau getroffen und gut umgesetzt.“
Einen Leitfaden zur Risiko-Analyse mit LEGO® Serious Play® im Rahmen einer DSFA finden Sie hier: Leitfäden | PerspektiveArbeit Lausitz – Kompetenzzentrum für die Arbeit der Zukunft in Sachsen und Brandenburg
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Fotos: Josephine Stempfhuber, Claudia Graf-Pfohl